J. Diaz Tabernero u.a.: Die Geldbörse des «Söldners» vom Theodul-Pass

Cover
Titel
Die Geldbörse des «Söldners» vom Theodul-Pass (VS) – Il ripostiglio del «mercenario» del Colle del Teodulo (VS).


Autor(en)
Diaz Tabernero, José; Luca, Gianazza
Reihe
Inventar der Fundmünzen der Schweiz 11
Erschienen
Bern 2014: Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften
Anzahl Seiten
116 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Urs Niffeler

Der Band konzentriert sich auf die Präsentation und Auswertung der 184 Münzen, welche der «Söldner» vom Theodul — s. dazu obige Anzeige «400 Jahre im Gletschereis» — auf sich getragen hatte. Die Publikation schildert Fundgeschichte und mit dem Toten zusammenhängende in Kurzform (S. 11–18); dafür vertieft Analyse und Diskussion des Bestandes sowie die Erkenntnisse zur regionalen Geldgeschichte der Zeit des «Söldners» breiten Raum.

Das Ensemble der wie gesagt 184 Münzen deckt einen Zeitraum von über 150 Jahren ab. Es enthält keine Münzen, die nach 1610 eingeführt wurden. Bei 95% der Objekte (175 Stück) handelt es sich um Kleingeld aus seiner Kupfer-Silber-Legierung («Billon»); lediglich 9 sind sog. Grosssilbermünzen (Ducatoni). Auffällig ist die Zusammensetzung nach Herkunftsgebiet: 80% stammen aus dem oberitalienisch-savoyardischen Raum, u.a. 56 aus dem Herzogtums Savoyen, das damals das Aostatal und grosse Teile des Piemonts umfasste, 37 aus der Markgrafschaft Messerano, nur leicht östlich des Aufstiegs zum Theodul, und 23 aus der Markgrafschaft/Herzogtum Monferrato, einem etwas südlich davon gelegenen Gebiet und 16 aus dem Herzogtum Mailand. Das Bistum Sitten ist mit nur gerade sieben Münzen vertreten, die alle unter Bischof Hildebrand I. von Riedmatten hergestellt wurden. Die Börse enthielt zudem vereinzelte Stücke aus einer bemerkenswerten Vielfalt weiterer Prägestätten: Solothurn ist ebenso vertreten wie Frankfurt, Salzburg, Goslar und sogar Brabant in den Spanischen Niederlanden.

Der Inhalt der Börse stellt quasi eine Momentaufnahme des Geldverkehrs in Oberitalien und im angrenzenden alpinen Raum dar. Dies erlaubte es den Autoren, weitergehende Fragen zu stellen, so etwa: Welche Geld- und Rechnungssysteme waren damals und dort üblich? In welchem Ausmass ist der Bestand von den historischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Zeit bestimmt? Das Vorhandensein «guter», begehrter Silber- und «schlechter», minderwertiger Billonmünzen etwa setzen die Autoren in Beziehung zur starken Abnahme der Silberimporte aus dem amerikanischen Doppelkontinent: der Mangel führte zur Herstellung minderwertigen Geldes, das Silber wurde gewissermassen gestreckt. Es sei darauf verwiesen, dass Teile der Analyse und Diskussion des Münzbestandes in deutscher, andere in italienischer Sprache publiziert sind (und dies ausschliesslich).

Kernstück und Erfüllung des primären Auftrags des IFS ist die Materialedition in Form eines Kataloges (S. 75–95). Zuerst werden die mit dem Ortscode des IFS gekennzeichnete Fundstelle, der Komplex und das vorhandene Schrifttum einschliesslich Vorgeschichte und Dokumentation vorgestellt (S. 75 resp. 76 und 95). Anschliessend sind sämtliche Münzen nach dem inzwischen zu Standard avancierten IFS-Schema beschrieben (s. dazu Rezension zu anschliessend, Nick, Keltische Münzen, IFS Band 12). Auf den Tafeln 1–7 werden alle Stücke im Massstab 1:1 gezeigt. Wer über ein CD-ROM-Laufwerk verfügt, kann Fotos grossformatiger sowie Tafeln dort konsultieren und mit der ebenfalls vorhandenen tabellarischen Erfassung der Münzen arbeiten. Hilfreich wäre für Benutzer/innen, deren Equipment kein solches Laufwerk aufweisen, wenn die sehr nützlichen Fotos und Tabellen auch auf der IFS-Webpage zugänglich wären …

Der Band entspricht im Layout der Reihe; die nachfolgend zum Band Nick, Keltische Münzen zu machenden kritischen Anmerkungen zum Layout gelten grundsätzlich auch hier, wenngleich die Probleme hier weit geringer sind. Dass ein Band von 116 Seiten broschiert und nicht fadengeheftet ist, leuchtet ein.

Zitierweise:
Urs Niffeler: Rezension zu: José Diaz Tabernero und Luca Gianazza, Die Geldbörse des «Söldners» vom Theodul-Pass (VS) – Il ripostiglio del «mercenario» del Colle del Teodulo (VS). Inventar der Fundmünzen der Schweiz 11. Bern 2014. Zuerst erschienen in: Jahrbuch Archäologie Schweiz, Nr. 99, 2016, S. 263-264.

Redaktion
Autor(en)
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Jahrbuch Archäologie Schweiz, Nr. 99, 2016, S. 263-264.

Weitere Informationen
Klassifikation
Epoche(n)
Region(en)
Mehr zum Buch
Inhalte und Rezensionen
Verfügbarkeit